Das Spannende an der Therapie mit dem Pferd ist eigentlich, dass man während der Arbeit mit dem Tier Dinge fühlen kann, ohne sich großartig vorher vorbereiten zu müssen oder vor irgendetwas Angst haben zu müssen. Man kann Übungen mit dem Pferd total intuitiv machen und es versteht die Signale sofort. Man muss sich als Patient nicht krampfhaft anstrengen Energie an das Pferd zu schicken, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Es geht viel mehr um das Loslassen aller anderen Energien, die einen durch den Tag begleiten. Der freie Geist erreicht das Pferd. Man kann sein, wie man ist in Gegenwart des Tieres, auf der Koppel, auf der Wiese, wo auch immer. Und in dieser Freiwilligkeit, mit der man ihm begegnet, kommt das Pferd von ganz alleine auf den Klienten zu. Der einzige Anspruch, den man bei dem therapeutischen Erlebnis mit dem Pferd haben sollte, ist, keinen Anspruch zu haben. Alles kann, nichts muss. Und dann passiert nämlich auch etwas. Wenn man in diesem Zustand Kontakt zum Pferd aufnimmt und es auch freiwillig zu einem kommt, ist das eine ganz besondere Erfahrung von Wärme, Zuneigung, von Liebe, die man auch nachhaltig noch im Körper spüren kann. Die Muskeln sind entspannt, die Seele ruht. Man fühlt sich im Hier und Jetzt geerdet. Alle Anspannung, physisch und psychisch, ist weg. Während der Sitzung konzentriert man sich nur auf diese eine Sache, das Tier, ganz zwanglos, und sofort kommt etwas zurück. Es findet ein ständiger Austausch statt. Wenn der Klient erstmal in den Individualkreis des Pferdes, diese persönliche Distanzwahrung, aufgenommen wurde, dann fühlt man sich wie eine Einheit. Zugelassen, akzeptiert, geschützt. Ein Pferd weist den Menschen nicht zurück. Auch nicht, wenn man passiv einfach nur dasteht. Die Sinne des Pferdes registrieren die Atmosphäre und das Tier reagiert entsprechend darauf. Was es aber in jedem Fall tut, ist, denjenigen zu akzeptieren, so, wie er gerade vor ihm steht. Und das ist das Schönste daran.
Man muss nur in diesem einzigen Moment der Begegnung anwesend sein. Man muss sich auf nichts anderes konzentrieren. An nichts anderes denken. Es ist fast ein bisschen wie eine Gedankenreise im Hier und Jetzt, fast wie Urlaub. Man kann alles loslassen, alle Zwänge, alles, was einen im Alltag irgendwie beschäftigt, kann man beiseite schieben. Es ist faszinierend, wie sich der Fokus des Menschen bei der Arbeit mit dem Pferd verändert. Er ist nur bei dem Tier. Einzig und allein. Und das Pferd tut es dem Menschen gleich. Man sendet Signale und merkt, dass das Pferd etwas von der Person spürt, und derjenige bekommt etwas zurück: Interesse und Wohlwollen. Und die totale Akzeptanz, dass man in dem Moment so ist, wie man ist.
Diese nonverbale Kommunikation, die bei der Arbeit stattfindet, ist heilsam. Weil Klienten dem Tier nichts erklären müssen, man muss nicht nach Worten ringen, braucht keine Scham. Das Tier zeigt dann demjenigen, wo der Mensch noch „Baustellen“ hat. Seelische oder körperliche. Ist zum Beispiel etwas mit den Händen nicht in Ordnung, spürt das Pferd dies sofort, bevor der Mensch es selber weiß. Dann leckt es die Hände ab. Und das kann der Klient sehr gut als energetische Arbeit an sich und für sich selbst nutzen, indem er sagt: „Du befreist mich gerade von meinem Leid.
Du nimmst mir meine Schmerzen.“ Und das ist für die Person ein wunderbares Gefühl
von „Ich werde gesehen“ und vor allem: „Meine Probleme werden gesehen“
Und danach kommt sofort wieder die Bestätigung des Pferdes, dass es okay ist, wie man sich gerade fühlt.
Einfach nur das Annehmen ohne Bewertung.